Das ein Fahrzeug 50 Jahre alt wird, ist bei Liebhabern historischer Fahrzeuge keine Besonderheit. Es ist für viele sogar etwas zu jung. Aber dass ein Feuerwehrfahrzeug dieses Alter erreicht und noch als einsatztaktisches Fahrzeug im aktiven Einsatzdienst genutzt wird ist eine Seltenheit. Wir gratulieren unserem SW.
Der SW 1000 wurde 1973 bei unserer Partnerfeuerwehr in Oberursel/Stierstadt in Dienst gestellt und der FFw Droyßig 1992 übergeben.
Er hat uns in vielen Einsätzen gute Dienste geleistet. Sein erster Einsatz in Droyßig war noch vor der offiziellen Übergabe. Es war einer der schwersten. Ein Trabant fuhr am Pilz frontal gegen einen Baum, fing Feuer und brannte mitsamt vier Insassen vollständig aus.
Beschafft wurde dieses Fahrzeug, da die Löschwasserversorgung in Droyßig damals schon problematisch war. Das Wasserleitungsnetz kam bei höheren Abnahmen schnell an die Grenzen. So konnte man bei größeren Bränden Löschwasser aus dem Hasselbach anstauen und zur Einsatzstelle Förden.
Man kann mit diesem Fahrzeug eine Schlauchleitung von 1000m auslegen und somit die Wasserversorgung einer Einsatzstelle über eine Lange Wegstrecke innerhalb kürzester Zeit aufbauen.
Aufgrund der klimatischen Veränderungen führt der Hasselbach ¾ des Jahres kein oder sehr wenig Wasser. Deshalb ist der SW 1000 trotz seines Alters mittlerweile unverzichtbar zur Sicherstellung des Brandschutzes in Droyßig und Umgebung.
Wir haben speziell in den Ortslagen nördlich des Hasselbaches große Probleme mit der Löschwasserversorgung. Beim Brand der Feldscheune im August 2019 wurde deutlich, dass das Löschwassernetz in diesen Ortslagen nicht ausreicht. Sobald wir die Pumpe zur Verstärkung des Drucks angeschlossen haben, brach das Netz zusammen. Wir können zwar Zimmerbrände löschen und Personenrettungen vornehmen, aber in Brandfall angrenzende Gebäude schützen ist damit nicht möglich.
Durch den SW können wir Löschwasser aus Zisternen und Teichen heranführen.
Natürlich, den Brandschutz und die Löschwasserversorgung auf ein solch altes Fahrzeug aufzubauen ist fragwürdig. Das Auto ist auch in keiner Weise mehr zeitgemäß (die darin befindliche Löschtechnik ist aber auf einem modernen Stand). Es ist für die Kameraden im Grunde nicht zumutbar mit einem Auto zu fahren, dass nach heutigen Maßstäben über keinerlei Sicherheitsstandards verfügt. Es gibt keine Sicherheitsgute, die Scheinwerfer verdienen diesen Namen nicht und das Scheibenwischwasser muss per Fußpumpe vom Fahrer gepumpt werden. Man muss dabei auch bedenken, dass eine Einsatzfahrt eine besondere Stresssituation darstellt und nichts Alltägliches ist.
Wir als Wehrleitung hatten für uns deshalb auch festgelegt, dass wir das nicht mehr verantworten wollen und dass dieses Fahrzeug ab dem 50. Geburtstag von unseren Kameraden nicht mehr gefahren wird.
Aber es kam anders!
Nach dem wir gegenüber der Verbandsgemeinde mehrfach diese Problematik abgesprochen haben, haben wir uns im September 2021 mit dem Ordnungsamt, dem Innenausschussvorsitzenden und der Verbandsgemeindewehrleitung zusammengesetzt und beraten, was wir tun können. Es war unstrittig, dass ein Fahrzeug beschafft werden muss. Wir haben dann gemeinsam definiert was das neue Fahrzeug alles können soll.
Es war von Anfang an klar, dass dieses Fahrzeug ist nicht nur für Droyßig, sondern für den Einsatz in der gesamten Verbandsgemeinde vorgesehen sein soll und mehrere Aufgaben übernehmen muss.
- Schneller Aufbau einer Wasserversorgung über 2000 m mit B-Schlauchleitungen (in Orten, Wald, Feld der gesamten VbGem. sowie auf dem Truppenübungsplatz)
- Durch schnelle Umrüstung zum Tanklöschfahrzeug soll es den Transport von Löschwasser zur Einsatzstelle unterstützen (Tankerpendelverkehr)
- Nachführung von Technik und Material bei sämtlichen Einsätzen
- Transportaufgaben bei Großschadenslagen z.B. bei Sturmlagen, Waldbrand und Hochwasser (Geräte, Sandsacklogistik, Evakuierungen)
- Transport der Mannschaft zur Einsatzstelle.
- Transport von benutztem Equipment zur feuerwehrtechnischen Zentrale
- Gleichzeitiges und damit schnelleres abarbeiten von Einsätzen bei Großschadensereignissen
Um diese Aufgaben flexibel abarbeiten zu können ist ein Gerätewagen – Logistik das prädestinierte Fahrzeug. Aufgrund der größeren Anforderungen bei Bränden und Großschadenslagen benötigen wir mehr Kameraden zur Abarbeitung der Aufgaben auf dem Fahrzeug. Es ist für uns auch generell wichtig genügend Kapazität zum Transport unserer Kameraden vorzuhalten. In der Feuerwehr Droyßig engagieren sich 32 Kameraden ehrenamtlich. Deshalb ist auch eine Staffelkabine, d.h. 6 Sitzplätze, erforderlich.
Die Verbandsgemeinde DZF ist eine der Wenigen, die nicht über solches Fahrzeug verfügt. Die meisten Gemeinden haben nach Auswertung der Erfahrungen des Hochwassers 2013 und als Reaktion auf die Probleme durch die Klimaerwärmung einen GW-Logistik beschafft.
Die Klimaerwärmung hat häufigere und in ihren Auswirkungen stärkere Starkregenereignisse und Hochwasser (siehe 2013 Elbe/ Saale / Weiße Elster etc., 2021 im Ahrtal) zur Folge. Das andere Extrem sind heißere Sommer mit sehr langen Trockenphasen was jedes Jahr zu häufigeren Vegetationsbränden und zur Austrocknung von Bächen und Teichen führt, welche uns als Löschwasserreservoir dienen. Die Folge ist, dass wir das Löschwasser teils über sehr lange Wegstrecken fördern müssen.
Diese und weitere Argumente haben den Innenausschuss und den Finanzausschuss der Verbandsgemeinde dazu bewogen ihre Zustimmung zur Beschaffung eines GW-Logistik zu geben und einen entsprechenden Fördermittelantrag beim Land Sachsen-Anhalt zu stellen.
Wir danken den Abgeordneten dafür uns angehört zu haben und gratulieren ihnen für ihre Weitsicht. Es zeigt, dass Sie zu ihrer Feuerwehr stehen! Das war in der Vergangenheit nicht immer der Fall! Durch die Neuanschaffung wird die Sicherheit für die Bürger der Verbandsgemeinde und unserer Kameraden auf dem Fahrzeug stark erhöht. Gleichzeitig werden die taktischen Möglichkeiten, in o.g. Einsätzen zu agieren sowie der Stand unserer Ausrüstung auf ein anderes Niveau gehoben.
Der Fördermittelantrag für einen GW-Logistik 2 wurde zum Jahreswechsel 2022/23 bewilligt.
Die Verbandsgemeinde erhält somit 100.000 € Fördermittel und der GW-Logistik wurde in die zentrale Landesbeschaffung aufgenommen, d.h. es werden vom Land mehrere Fahrzeuge beschafft, wodurch der Preis gesenkt werden kann.
Das neue Fahrzeug wird 2025 geliefert. Wir haben uns bereiterklärt den SW 1000 bis zur Indienststellung des neuen GW-Logistik weiterhin zu fahren.
Er darf also trotz abgeleisteter 50 Arbeitsjahre noch nicht in Rente…